Luna (Cigana)

  • 02 .Dez .2015

Ich bin traurig! Eine große Seele ist nach Hause gegangen. Luna lebt nicht mehr...

Ich bin traurig, dass sie mit gerade mal 7 Jahren hat gehen müssen und keine Chance hatte gegen diesen bösartigen Tumor, weswegen wir sie als Notfall hier aufgenommen haben.

Traurig bin ich auch, dass sie ohne diesen Tumor gar nicht erst hierhergekommen wäre und wir diesen wundervollen Hund nie kennengelernt hätten. Es ist leider traurige Wirklichkeit, es sind da so viele Hunde in Not, dass sie weiter untergegangen wäre in der Masse, wenn sie diesen verdammt bösartigen Tumor nicht bekommen hätte. Der hat sie uns in den Blick gerückt, der hat mich dazu gebracht, sie trotz der Tatsache, dass wir nur eine sehr begrenzte Zeit haben werden, hier aufzunehmen. Sie sollte wenigstens in Ruhe und Frieden gehen können.

So landete "Cigana" am 13.09 .2015 an einem Sonntagabend in Hamburg. Anna, die Flugpatin war so nett, sie mitzubringen. Anna war auch geistesgegenwärtig genug ,als sie mitbekam, dass sich das Bordpersonal darüber unterhielt, das sie nun das Veterinäramt anrufen müssten, weil ein Hund aus der Box ausgebrochen sei, zu reagieren und zu sagen, sie regle das und hat Cigana wieder eingesammelt. Unglaublich, der erste Hund, der es fertig gebracht hat, fein säuberlich die Kabelbinder durchzubeißen, die Boxentür an der richtigen Seite zu öffnen und sie wollte natürlich nicht wirklich ausbrechen, sie wollte einfach mehr Platz und lag ganz entspannt neben ihrer Box auf ein paar Gepäckstücken. Hat sich gefreut, Anna wieder zu sehen und ist willigst wieder in ihre Box gegangen. Ich habe sie dann am Auto umgehend aus ihrer Box befreit und sie auf dem Rücksitz gesichert und so fuhr ich mit meiner wertvollen Fracht durch die Nacht zurück nach Hause.

Was da wohl auf mich zukommen würde, dass sie außergewöhnlich clever war, zeigte mir dieser kleine Ausflug ja schon. Den roten Rand von ihrer gewissenhaften Arbeit konnte man noch lange auf ihrer Nase bewundern.

Also erst mal ohne andere Hunde in Ruhe ankommen, fressen und schlafen. Uwe hat sie gut hier versorgt und war auch in der Nacht die erste Runde mit ihr im Garten.

Am nächsten Morgen schaute ich mir das große, schlaksige Hündchen mit den viel zu kleinen Öhrchen dann mal näher an. Zwei Sachen fielen sofort auf: ihre wunderschönen sanften Rehaugen und ihr offener Mamma-Tumor. Dass sie einen hat, war klar, dass sie mit diesem Tumor und Lungenmetastasen keine große Lebenserwartung hat, leider auch, aber dass er offen ist, wusste hier keiner. Vielleicht gut so, denn ich weiß nicht, ob ich sie sonst genommen hätte. Nicht wegen des Geruchs, sondern wegen der anderen Hunde. Die reagierten natürlich entsprechend entsetzt und distanziert.

Luna, so hatte Uwe sie getauft inzwischen, reagierte mit großer Angst auf die Hunde. Einige kannte sie ja noch aus der "Garage" (ja, auch sie war eines dieser Garagenhündchen) und suchte Schutz hinter Uwe oder mir. Die Hunde reagierten toll und ließen sie komplett in Ruhe. Nach und nach konnte sie entspannen und mit großer Freude den großen Garten inspizieren. Ich sehe sie noch heute, wie sie elegant mit wippenden Öhrchen und einem Lächeln im Gesicht durch den Garten trabte oder sich ausgiebig im Gras wälzte, um dann im nächsten Moment alles ganz genau abzuschnüffeln in Ruhe. Es war absolut klar, dass sie nicht vorhatte, zu entkommen und von daher konnte sie frei laufen hier im eingezäunten Grundstück und endlich das Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung erfahren.

Selbstverständlich ging sie ins Haus, sprang auf den nächstbesten Sessel und schaute einen sichtlich zufrieden an. Schon dieser Vormittag war wert, sie hierher geholt zu haben, diese Freude, diese Zufriedenheit, die sie dabei ausstrahlte und dieses selbstverständliche Hiersein, was für ein genialer Hund. Und nicht nur sie war ganz selbstverständlich angekommen, auch wir haben sie ganz selbstverständlich in unserem Herzen willkommen geheißen. Was soll ich Euch erzählen, klar versucht man, einen Hund, der eh bald geht, nicht so nah an sich ran zu lassen und ihn auf Abstand zu lassen. Es klappt natürlich nie. Wir waren einfach nur traurig, dass dieser Hund so lange "unsichtbar" war und ich sie auch auf keinem meiner alten Bilder finden konnte. Sie ist einfach nie aufgefallen und jetzt, da man sie durch ihre tödliche Erkrankung ins Sichtfeld gerückt hatte, berührte Luna einen sofort. Sie gehört zu den Hunden, die es schaffen, einen mit einem Blick direkt im Herzen zu berühren. Ich schaute ihr in die Augen, sah ihren vertrauensvollen und hoffnungsvollen Blick, in der Erwartung nun wird alles gut und mein nächster Blick fällt auf ihren Tumor und Wut und Trauer gleichzeitig stiegen in mir hoch. So hoffnungslos, dieses Unterfangen... und so versuchten wir uns auf die Zeit zu konzentrieren, die uns noch blieb.

Zuerst zog sie sich zurück in Uwes Zimmer und diesen Raum verteidigte sie erst mal vor fast jedem Hund und wer auch nur in die Nähe kam, wurde verjagt. Was muss sie im Tierheim ertragen haben, auf engstem Raum mit vielen Hunden und dieser Erkrankung :-( Meine Hunde sind ja schon Kummer gewöhnt und blieben sehr cool und gelassen. So konnte sie schnell entspannen und nach und nach das tun, was hier alle neuen Hunde tun: alle möglichen Hundebetten probeliegen und nach und nach Raum für Raum erobern.

Sie war absolut sauber und hielt ihre Wunde so gut sie konnte sauber. War von der ersten Sekunde an stubenrein und nur, wenn sie fast gar keine Kraft hatte oder nachts musste und nicht raus konnte, hat sie ins Bad auf eine Einlage gemacht.

Sie liebte es, ganz alleine draußen im Garten umher zu laufen, mal zu rennen, mal zu schnüffeln. Manchmal lag sie abends alleine im Gras und bellte. Ich konnte nicht herausfinden, ob sie uns rief oder einfach aus einer alten Erinnerung heraus bellte. Sie hat sich immer sehr gefreut, wenn ich sie "gefunden" habe und ist dann sehr gerne wieder mit mir nach drinnen getrottet. Sie hat so gerne ihr neues frisch zubereitetes Futter und das Trockenfleisch gefressen und immer sehr genossen und für ein "Wienerle" wurde sie richtig schnell. Niemals hätte sie einem anderen Hund das Essen weggenommen und hat schnell verstanden, wie das hier mit der Fütterung ablief und blieb einfach geduldig liegen und wartete, bis sie an der Reihe war und wir ihr ihren Napf brachten. Nur mit unserem Timmy (einem alten Garagenkollegen) hatte sie wohl noch eine Rechnung offen. Egal wo er lag, egal was er hatte, es war ihres und sie vertrieb ihn vom Platz und beanspruchte sein Futter. Aber auch das konnten wir gut managen, dass alle ohne Stress liegen und fressen konnten. Nach und nach rückte Luna immer mehr auf und zeigte immer weniger Angst vor den anderen Hunden. Sie wollte dabei sein wie alle, sie wollte gestreichelt werden und sie konnte sprechen wie kaum ein anderer Hund. Jeder hat auf Anhieb verstanden, was sie sagen wollte. Sie war sehr loyal und nicht wirklich an fremden Menschen interessiert. Sie wollte nicht geschont werden und eine kleine Hunderunde laufen, nein, nach knapp vier Wochen stand sie pünktlich zur Gassirunde am Zaun und wollte auch mit. Sie hat so begeistert alles aufgesogen, was man ihr anbot. Sie lief stets voraus mit einem fetten Grinsen im Gesicht und die kleinen lustigen Öhrchen wackelten im Wind. Eine Leine war nicht wirklich nötig, nie hätte sie die Gruppe verlassen, drehte sich von sich aus immer wieder um und freute sich, wenn man sie bestätigte in ihrem Tun.

Wir hätten sie natürlich schonen können und so vielleicht noch ein paar Tage mehr für sie rausgeholt, aber Hunde wie Luna bekommen hier so ziemlich alles, was sie sich wünschen und ich denke, sie wollte die wenige Zeit, die ihr noch blieb, leben und mitnehmen, was irgendwie ging. Sie selbst wusste ja nicht, wie krank sie war.

Panische Angst hatte sie bei Sturm und Regen, da hat sie uns beim ersten Mal einen großen Schrecken eingejagt, da wir sie nicht finden konnten. Sie hatte sich an der Garage (windstill) ein Erdloch gegraben und lag darin und fand wohl das Haus nicht wirklich sicher. Hat man sie dann mit der Leine und Geschirr reingeholt war alles gut und sie war dann auch entspannt, aber der erste Impuls war bis zum Schluss, ich muss in den Garten in mein Erdloch. Auch wenn Ratz sich mal wieder laut schreiend am Ohr kratzte (er macht alles immer sehr laut und intensiv), suchte sie, egal wo sie gerade lag, direkt Trost bei mir und war sehr bekümmert. Ich dachte dann immer, dass sie sicherlich auch mal Welpen hatte und hatte so eine leise Ahnung, was mit ihnen wohl passiert sein mag. Man konnte richtig den Schmerz über diese Klagelaute in ihrem Gesicht lesen. Auch ihre besondere Liebe zu den kleinen Hunden hier ließ darauf schließen.

Zwischenzeitlich war sie so fit und so gut drauf, dass wir sie noch mal von einem TA untersuchen ließen und hatten tatsächlich die leise Hoffnung, eine Operation könne sie retten. Dem war leider nicht so. Er bestätigte die niederschmetternde Diagnose aus Portugal, dieses hoch aggressiven, infiltrierenden Tumors. Und bereits wenige Tage später merkte man, wie es nun stetig und mit großen Schritten abwärts ging.
Sie war stets tapfer, hat alles, was man von ihr wollte, klaglos über sich ergehen lassen, nie kam eine Schmerzäußerung über ihre Lippen. Es war schnell erkennbar, dass sie auch große Probleme mit ihrer Hüfte hatte und zum Schluss immer weniger laufen konnte. Meist hoppelte sie auf 3 Beinen und zog das eine an und auch die immer größer werdende Wunde sauber zu halten, strengte sie sehr an. Der fröhliche und meist spitzbübisch aussehende Gesichtsausdruck wurde ernster und sie fing an, sich mehr und mehr zurückzuziehen. Das Schlimmste war, ihre Ratlosigkeit zu sehen und zu spüren, dass sie nicht wirklich verstand, was mit ihr los war und warum Dinge nicht mehr funktionierten.
Mit 7 Jahren hatte sie ja auch nicht wirklich das Alter, um zu sterben und nun hatte sie endlich Spaß am Leben und nun klappte eben gar nichts mehr. In ihrer letzten Nacht hat sie zwar noch ein neues Hundebett gefunden und bewohnt, aber in der Nacht und am Morgen hörte man sie dann schon öfters ächzen und stöhnen und nun schmeckte auch nicht mal mehr ihr "Wienerle". So habe ich gemeinsam mit unserer klassischen Homöopathin und dem Tierarzt die Entscheidung getroffen, sie gehen zu lassen und ihr weitere Leiden zu ersparen.

Eine sehr besondere Seele ging am 27.11.2015 um 14:15 Uhr.

Liebe Luna, danke, dass Du da warst, danke, dass Du nie aufgegeben hast, danke, dass Du trotz aller widrigen Umstände in Deinem Leben uns Dein Leben so vertrauensvoll in die Hände gelegt hast, um wieder mal mit einer klaren Botschaft auf das Schicksal von so vielen aufmerksam zu machen, wundervollen Seelen wie Du, die nie oder viel zu spät gefunden werden, um wenigstens einmal in ihrem Leben glücklich sein zu dürfen. Und vielleicht der wichtigsten überhaupt: es ist nie zu spät, etwas Gutes zu tun und nie zu spät, um glücklich zu sein.
Es war eine kurze, aber sehr intensive Zeit und es ist unglaublich, wie Du es geschafft hast, eine solche Lücke zu hinterlassen. Du fehlst und wir hätten Dich so gerne eher kennengelernt und sicher großen Spaß mit Dir gehabt. Ja, wenn…

Luna, werde glücklich und sei frei, endlich befreit von Deinem geschundenen Körper und sei Dir sicher, wir werden Dich nicht vergessen, keiner von uns. Und wir werden sicherlich noch einige Erkenntnisse aus Deinem Dasein schöpfen und so auf ewig mit Dir verbunden sein.
Möge dieser Nachruf vielleicht den einen oder anderen dazu animieren, der zögert, sich einen Tierschutzhund zu holen, es zu tun und dadurch zu verhindern, dass ein so souveräner Hund wie Luna mit solch herausragenden Qualitäten so enden muss.
Schon seit vielen Jahren nehme ich gerne die "Vergessenen" bei mir auf und sie alle sind ganz besondere Hundeseelchen mit einer unglaublichen Kraft, die einen ganz tief berühren und einen auf eine ganz selbstverständliche Art in seinem Sein begleiten.

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